Inspektion in freien Werkstätten / Urteil zur Hinweißpflicht

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Inspektion in freien Werkstätten / Urteil zur Hinweißpflicht

Beitragvon Dirks BiMo » 28.03.2011 - 18:00:31

Moin,
manch einer schwört ja ..(weils vermeintlich billiger ist :roll: ) .... auf freie Werkstätten.
Hier mal ein Urteil zum Thema Zahnriemen.

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Unterlassener Wartungshinweis wird teuer

Kommt ein Kunde zur Routine-Durchsicht seines Wagens, muss ihn die beauftragte freie Werkstatt darauf hinweisen, wenn eine Wartung oder ein Austausch von Teilen laut Herstellervorgabe ansteht. Das geht aus einem aktuellen Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig-Holstein hervor (Az. 4 U 171/09), auf das jetzt die Deutsche Anwaltshotline hingewiesen hat.
Sollte die Werkstatt ihrer Hinweispflicht nicht nachkommen und daraus ein Schaden resultieren, steht sie in der Haftung. Dies gilt laut Urteilstext für "unmittelbar bevorstehende" Arbeiten. Das sind Arbeiten, die innerhalb eines Zeitraums von weniger als drei Monaten oder innerhalb einer Laufleistung von 5.000 km nach der Inspektion fällig werden.
Im Streitfall ging es um eine Ende 2007 durchgeführte B-Inspektion an einem Alfa Romeo beim Tachostand von 58.393 Kilometern. Die Werkstatt tauschte im Rahmen des Pauschalangebots Lampen, Kältemittel, Scheibenwischer, Luft- und Ölfilter sowie die Reifen. Nicht getauscht wurde der Zahnriemen, der sechs Monate später riss und einen Motorschaden zur Folge hatte.
Vorgabe des Herstellers war eine Überprüfung des Zahniemens nach 60.000 km bzw. ein Austausch nach spätestens 120.000 km bzw. nach fünf Jahren. Da da Fahrzeug im März 2003 erstmals zugelassen wurde, wäre der Wechsel also laut Vorgabe im März 2008 fällig gewesen. Die Mitarbeiter der Werkstatt hatten auf dem Inspektionsbogen unter dem Stichwort "Steuerriemenwechsel fällig" aber das Feld "nein" angekreuzt. Der Betrieb muss nun für die Kosten des Austauschmotors und der weiteren Teile in Höhe von 6.120,84 Euro aufkommen. (en/ng)

Quelle: http://www.autohaus.de/unterlassener-wa ... 14190.html

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Ich würde sagen .... hat der Kunde glück gehabt weil die freie Werkstatt offenbar keine Ahnung von der Herstellervorgabe gehabt hat.

Gruß
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Re: Inspektion in freien Werkstätten / Urteil zur Hinweißpfl

Beitragvon Seekater » 29.03.2011 - 16:45:36

Dirks_Karmann hat geschrieben:Ich würde sagen .... hat der Kunde glück gehabt weil die freie Werkstatt offenbar keine Ahnung von der Herstellervorgabe gehabt hat.


Hallo Dirk,

inwiefern hat das etwas mit der Organisationsform der Werkstatt (frei/Vertragswerkstatt) zu tun ?
Auch freie Werkstätten haben - auch dazu gibt es ein Grundsatzurteil - Zugang zu den Original-Herstellervorgaben. Die meisten Werkstätten haben das im "Abo" und haben online oder per CD-Lieferungen nicht nur Herstellervorgaben sondern auch die kompletten Hersteller-Wartungshandbücher.

Das Ganze mißachten, oder falsch damit umgehen, das "können" allerdings alle. Die freien genauso wie die Vertragswerkstätten.

Interessant jedenfalls der Hinweis auf das Urteil. Danke dafür.


Gruß
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Re: Inspektion in freien Werkstätten / Urteil zur Hinweißpfl

Beitragvon Dirks BiMo » 29.03.2011 - 21:47:10

Seekater hat geschrieben:
Dirks_Karmann hat geschrieben:Ich würde sagen .... hat der Kunde glück gehabt weil die freie Werkstatt offenbar keine Ahnung von der Herstellervorgabe gehabt hat.


Hallo Dirk,

inwiefern hat das etwas mit der Organisationsform der Werkstatt (frei/Vertragswerkstatt) zu tun ?
Auch freie Werkstätten haben - auch dazu gibt es ein Grundsatzurteil - Zugang zu den Original-Herstellervorgaben. Die meisten Werkstätten haben das im "Abo" und haben online oder per CD-Lieferungen nicht nur Herstellervorgaben sondern auch die kompletten Hersteller-Wartungshandbücher.

Das Ganze mißachten, oder falsch damit umgehen, das "können" allerdings alle. Die freien genauso wie die Vertragswerkstätten.

Interessant jedenfalls der Hinweis auf das Urteil. Danke dafür.


Gruß
Seekater



Moin,
tja ... das Urteil gibt es ... das ist dann aber auch schon alles .... der Zugang ist auch da .... meist dann wenn die freien Buden einem Werkstattsystem angehören .... dann stellt sich aber immer noch die Frage was aus dem Angebot des Werkstattsystemes der jeweilige Betrieb "gebucht" hat ...... und nicht außer acht zu lassen ist .... wie aktuell sind denn die Daten die die Hersteller weitergeben :?: :!:

Da gibt es eine für den Endkunden nicht meßbare Bandbreite ...... frag mal in einer freien Bude (Beispiel des Herstellers Opel) ob die einen Tech 2 haben .... dieser Tester ist vom Hersteller Opel in den Bedingungen für die Garantie und als Inspektionsbestandteil vorgeschrieben .... kaufen kann den aber nur ein Opel Betrieb ..... das Ding gibt es ganz einfach in der Opelkonfiguration im freien Markt nicht .
Das ist eine "Grundsatzdiskussion" (ob frei nun besser ist als Marke ... oder umgekehrt) die wir hier eh nicht zuende führen können.
Aber eines ist klar .... es ist eine "mähr" zu glauben das freie Werkstätten oder Werkstattsysteme immer "besser und billiger" seien als Markenbetriebe.
Markenbetriebe müssen z.B. nach Herstellerstandards ihre Leute fortbilden .... freie "können" das .... ich kann da mitreden, weil ich das Tagtäglich bei meinen Markenhändlerbesuchen und auch besuchen in freien Betrieben "Life" mitbekomme was da so los ist.
Unstreitig ist, das viele Freie Betriebe günstigere Stundenverrechnungssätze anbieten .... woher das wohl kommt :wink: :?: ... die stehen doch auch morgens auf um Geld zu verdienen ... oder :?: ..... die kochen doch auch nur mit Wasser.

Wie gesagt ... das wird meist eine "unendliche" Diskussion .... jeder hat da halt seine Überzeugung ..... mein Infopost und meine Anmerkung dazu sollte auch lediglich dazu dienen genau hinzuschauen.
Gruß
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Re: Inspektion in freien Werkstätten / Urteil zur Hinweißpfl

Beitragvon Seekater » 30.03.2011 - 10:33:01

Dirks_Karmann hat geschrieben:Das ist eine "Grundsatzdiskussion" (ob frei nun besser ist als Marke ... oder umgekehrt) die wir hier eh nicht zuende führen können.
Hallo Dirk,

ich entnehme Deinem Beitrag tolle qualifizierte Fakten - danke dafür.
Ich stimmer Dir vollkommen zu: Es gibt keine eindeutige Entscheidung, welcher Wartungsweg "frei" oder "Vertrag" der bessere ist. Die Grundsatzdiskussion bringt nichts. Ich finde es lediglich sehr interessant Kenntnis von den vielfältigen Einflußfaktoren zu haben, die dann auch noch in jedem Betrieb mit seinen Mitarbeitern unterschiedlich beobachtbar sind. Mancher Vertragsbetrieb ist Aubildungs- oder Trainingsbetrieb vom Hersteller selbst, manch anderer Vertragsbetrieb ruht sich auf dem "Informationsvorsprung" vor den "Freien" aus und kann Marketing des Herstellers nicht mehr von sachlichen Informationen unterscheiden. Zu beiden Fällen kenne ich Beispiele.
Genauso gibt's auch bei den freien Werkstätten erhebliche Unterschiede: Beispielsweise habe ich den Eindruck, daß die großen bekannten Ketten über Ihr Marketing die Kundschaft "produzieren" und eher schlechte Arbeit abliefern (aber manchmal eine Top Ersatzteil-Logistik und Preise haben), wogegen die unbekannten Ketten/Betriebe eher durch ihre Arbeitsqualität den Kunden zum Wiederholungstäter machen wollen. Auch hier kenne ich zu beiden Fällen Beispiele.


Dirks_Karmann hat geschrieben:frag mal in einer freien Bude (Beispiel des Herstellers Opel) ob die einen Tech 2 haben .... dieser Tester ist vom Hersteller Opel in den Bedingungen für die Garantie und als Inspektionsbestandteil vorgeschrieben .... kaufen kann den aber nur ein Opel Betrieb ..... das Ding gibt es ganz einfach in der Opelkonfiguration im freien Markt nicht
Diesen sehr interessanten Fall kenne ich nicht.
Ich habe mal ähnlich Fragen gestellt und als Antwort erhalten (in meinem Fall war's Ford, nicht Opel): "Wieso nicht ? Hier gibt's Grundsatzurteile, daß alles was in der Ford Logistik erhältlich ist, nicht nur für Vertragshändler erhältlich sein darf. Außerdem haben wir Freistellung zu den Garantiebedingungen aller Hersteller. Und das klappt mittlerweile problemlos. Außerdem kaufen wir zwar nicht immer bei Ford ein, doch wenn's nicht anders geht, dann eben doch. Bei Meßgeräten sind wir nicht umsonst immer noch Bosch-Dienst. Wir können somit auch das Meßgerät beim Meßgerätehersteller und nur den Datensatz bei Ford kaufen - müssen wir manchmal sogar, weil wir auch noch die Daten anderer Hersteller benötigen, was in einem gebrandeten Gerät aus der Hersteller-Logistik gar nicht geht."

Welche dieser Aussagen in welchem Einzelfall nun tatsächlich zutreffend sind, kann ich sowieso nicht überprüfen. Für mich sind das alles Indizien die eine Glaubwürdigkeit erhärten oder nicht.

In der Praxis habe ich allerdings auch schon mehrmach beobachtet, daß die Hersteller-Logistik meist deutlich problemloser funktioniert, als die Logistik der freien Ketten. Funktioniert's mal nicht, dann sind die Vertragswerkstätten allerdings hilfloser - der Lagerist dort kennt nur das Herstellersystem, sonst nix.




Dirks_Karmann hat geschrieben:Unstreitig ist, das viele Freie Betriebe günstigere Stundenverrechnungssätze anbieten .... woher das wohl kommt :wink: :?: ... die stehen doch auch morgens auf um Geld zu verdienen ... oder :?: ..... die kochen doch auch nur mit Wasser.
Das habe ich auch schon erlebt, allerdings sind mir alle Betriebe die mit günstigen Stundensätzen auffielen auch durch schlechte Arbeit aufgefallen. Nach meiner Wahrnehmung scheint das jedoch zunehmend Vergangenheit zu sein: Ich kenne derzeit keine Werkstatt mehr, die nicht, nach den Original Verrechnungseinheiten Empfehlungen der Hersteller arbeitet und keine Tariflöhne zahlt. So gesehen ist die Basis überall gleich. Unterschiedlich ist jedoch das KnowHow und der Umgang der Werkstätten mit den Wartungsanleitungen: Wird die Frontscheibe ausgewechselt, obwohl der Schaden nicht im Sichtfeld liegt ? Oder wird die Bremsflüssigkeit grundsätzlich gewechselt (weil es in der Wartungsanleitung so drin steht) oder doch erst der Wasseranteil gemessen ? Derjenige der weder Meßgerät noch KnowHow hat, wird gemäß Herstellerempfehlung immer wechseln (die Frontscheibe, wie die Bremsflüssigkeit) und vielleicht sogar mehr Zeit, auf jeden Fall mehr Material benötigen, wie der Kollege, der mißt. Der messende Kollege muß dabei nicht immer der bessere sein, er braucht - auf jeden Fall dann wenn gewechselt wird - mehr Zeit, da er ja vorher noch gemessen hat. Hier spielt also nicht nur der Preis, das "sichere Gefühl" des Kunden, sondern auch Umweltaspekte und Verläßlichkeit der Dienstleistungen eine Rolle.

Schließlich kommt noch die Ehrlichkeit der Mitarbeiter im Unternehmen dazu. Wer nach der Messung des Feuchtigkeitsanteils zum Ergebnis kommt: "Bremsflüssigkeit bleibt drin" ist schneller fertig und kann vom Chef den nächsten Auftrag abholen. Mancher macht die Aufaddition der Verrechnungseinheit und sagt das dem Chef, mancher nicht. Im einen Fall zahle ich als Kunde die tatsächlich aufgewandte Zeit, im anderen Fall die Vorgabezeit. Auch hier ist nicht das eine Vorteilhaft und das andere Nachteilig: Die Vorgabezeit kann auch zu knapp sein, der tatsächliche Aufwand höher.
Aus diesen Gründen beobachte ich die Kommunikation im Unternehmen. Bei manchen gelingt das allerdings nie, weil immer wenn ich da bin, nur noch der Verkäufer anwesend ist..... :D


Schöne Grüße
Seekater
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Re: Inspektion in freien Werkstätten / Urteil zur Hinweißpfl

Beitragvon Dirks BiMo » 30.03.2011 - 16:00:12

Moin,

ja ... das Thema Preisgestaltung .... das ist auch so eines ... Markenbetriebe haben häufig den Nachteil "richtigen" freien Betrieben gegenüber, daß sie die CI des Herstellers umsetzen müssen .... will also heisen .... es müssen "die richtigen Stühle" und Schreibtische sein ... wobei das bei Werkstattkettenbetrieben, Werkstattsystemen etc. heute schon ähnlich ist .... und ein faktor ist sicherlich auch der Ort .... Stundenverrechnungssätze in Hamburg sind nun mal ganz andere als die, die z.B. im Emsland abgerechnet werden.
Insgesamt muß man heute als Kunde durchaus sehr genau hinschauen wenn man "die richtige" Werkstatt finden will.
Ein Erfahrungswert aus meinem täglichen Job ist jedenfalls, daß es sinnhaft ist mit modernen Getrieben, Motoren etc. in die jeweiligen
Kompetenzbetriebe der Hersteller zu gehen ....die sind (sofern der zust. MA in der Schulung gut aufgepasst hat :wink: ) meist vorne dran ...insbesondere dann wenn bei kapitalen Schäden auch noch das Wort Kulanz von Kundenseite fällt.
Gruß
Dirk
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Re: Inspektion in freien Werkstätten / Urteil zur Hinweißpfl

Beitragvon Alfrederix » 31.03.2011 - 10:01:54

„Feie Fahrt für mündige Bürger“.
Und dann ist Schluss mit mündig, zu blöd, selber festzustellen wann
- der Steuerriemen gewechselt werden muss,
- das Motoröl gewechselt werden muss,
- die Bremsflüssigkeit gewechselt werden muss,
- die Reifen aufgepumpt werden müssen.

Das steht alles in der Betriebsanleitung oder im Serviceheft, aber man ist zu faul zum Nachschauen.

Ich würde sagen .... hat der Kunde glück gehabt weil die freie Werkstatt offenbar keine Ahnung von der Herstellervorgabe gehabt hat.

Ich würde sagen .... der Kunde hat Glück gehabt, dass er nicht für unmündig erklärt wurde.

Aber reklamieren, wenn das Scheibenwaschwasser aufgefüllt und berechnet wurde.
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