EuraGerhard hat geschrieben:Das schleswig-holsteinische LNSchG enthält nämlich einen Paragrafen, der das Übernachten in "mobilen Unterkünften" jeglicher Art außerhalb von Campingplätzen grundsätzlich verbietet. Nach meiner persönlichen Meinung ist die Argumentation formaljuristisch zwar korrekt, rechtstheoretisch jedoch sehr bedenklich. Denn was für Natur gibt es auf einem asphaltierten Parkplatz eigentlich zu schützen?
Lieber Gerhard,
der Fall des von Dir angegebenen "Sylt-Urteils" (OLG Schleswig, Aktenzeichen 1 Ss OWi 33/02) war etwas anders gewesen. Das Urteil habe ich aktuell im Netz nur noch in "Marketing-"Auszügen gesehen, die die ganze Wahrheit nicht mehr erkennen lassen - ich hab' irgendwo noch einen Komplett-Ausdruck. In der vollständigen Urteilsbegründung war das Naturschutzgesetz für mein Dafürhalten nur ein Nebenargument. Hauptargument war, daß eine Insel ein Endziel darstellt und eine Übernachtung dort unvermeidlich ist - zumal wenn man abends sich dort noch immer aufhält, nachdem der letzte Zug/Fähre zum Festland abgefahren ist. Selbst wenn der Beklagte keinen Wein im Lokal getrunken hätte, hätte er übernachten müssen. Hier ist es zumutbar, daß man sich bei Anfahren eines Endziels VORHER Gedanken über die Unterkunft (Stellplatz) macht und sich über die lokale Situation informiert. Diese Endziel-Argumentation findet man mittlerweile auf allen Inseln; nicht nur auf den Schleswig-Holsteinischen, sondern auch auf den Niedersächsischen: "Auch unsere Insel gilt als Endziel, weshalb Übernachtung in mobilen Unterkünften nur auf dafür ausgewiesenen Plätzen erlaubt ist".
Auch gewinnt der Aspekt einer "schützenswerten Natur" auf einer räumlich extrem begrenzten Insel wie Sylt mit ihren massenhaften Touristen-Übernachtungen eine andere Dimension, als in einem x-beliebigen Naturschutzgebiet auf dem Festland, in dem sich auf einem riesigen Gebiet drei Wanderer am Tag aufhalten.
Weiterhin ist "fomaljuristisch" Deine Schlußfolgerung auch nicht mehr stimmig. Das von Dir aufgeführte "Sylturteil" stammt von 2002, die aktuelle Gesetzeslage (§37 LNatSchG SH) stammt dagegen vom Februar 2010. Wir vergleichen hier also Äpfel mit Birnen, solange wir nicht wissen, welcher Gesetzesstand 2002 galt.
Weiterhin steht im aktuellen Gesetz (Quelle
http://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de in §37
(1) Zelte oder sonstige bewegliche Unterkünfte (Wohnwagen, Wohnmobile) dürfen nur auf den hierfür zugelassenen Plätzen aufgestellt und benutzt werden. Verkehrsrechtliche Regelungen bleiben unberührt.
Wenn also verkehrsrechtlich ein Parken (kein "aufstellen", also keine Stützfüße, keine irgendwie andere als verkehrsrechtliche Nutzung) erlaubt ist UND verkehrsrechtlich eine Innennutzung, unter den oben geschilderten sehr eng auszulegenden Bedingungen zulässig ist, dann schränkt für mein Dafürhalten der aktuelle SH-Gesetztestext dies auch nicht ein. Wohlgemerkt auf dem Festland, NICHT auf Inseln, UND im Rahmen einer sehr eng auszulegenden Innennutzung ohne Außenwirkung bei ansonsten legalem Parken für maximal 10 h.
Schöne Grüße
Seekater
PS: Im zitierten Sylt-Urteil war der Fall noch schärfer. Soweit ich mich erinnere, parkte das verklagte Paar auffallend auf einem öffentlichen zentral gelegenen Parkplatz auf Sylt (mitten im Zentrum einer der Orte ?)
mehrere Tage, was allerdings nicht abschließend beweisbar war (Bahnticket lag mehrere Tage zurück, für einen anderen Aufenthaltsort seit der Überfahrt - Campingplatz - wurden keine überprüfbaren Angaben gemacht). Das Paar hatte behauptet, am ersten Tag nach Ankunft vom Campingplatz wegen Überfüllung abgewiesen worden zu sein, für die dazwischen liegenden Tage wurden keine Angaben gamacht, lediglich in der letzten Nacht, vor dem unsanften "Wecken" wurde die Restaurant-Quittung vorgelegt. Für mein Empfinden eine dreiste Frechheit, was die beiden damals an den Tag gelegt hatten. Nach dem Abweisen vom Campingplatz haben die beiden das Recht für sich in Anspruch genommen, beliebig lange auf einem öffentlichem Parkplatz auf Sylt, schön zentral gelegen, übernachten zu können. Frei nach dem Motto "war doch gestern ganz nett". Allerdings hatte auch die Gemeinde Fehler gemacht, weil sie den mehrtätigen Aufenthalt auf dem dortigen Parkplatz nicht beweisen konnte (dann wäre die "Hilfskonstruktion des Gerichtes" mit den Naturschutzgesetz gar nicht nötig gewesen, weils auch noch verkehrsrechtlich nicht zulässig war - wovon ich und anscheinend auch das Gericht überzeugt war - zumindest las sich das vollständige Urteil so).