von mawijafiad » 02.01.2012 - 00:07:07
Hallo,
kleine Anmerkung vom mir, da ich seit über 15 Jahren beruflich damit zu tun habe.
Es ist für eine Laien natürlich nur schwer nachvollziehbar, welcher Akku mit welcher Technik interessant ist und für einen in Frage kommt.
Vorab einige Erklärungen:
Batterie - Akku
Es wird in diesem Zusammenhang häufig und standartmäßig das Wort Batterie gebraucht. Technisch bezeichnet man eine nur einmal benutzbare Zelle(nkombination) (auch Primärzelle genannt) als Batterie.
Lassen sich Zellen wiederaufladen, so spricht man von einem Akku.
Spannung:
Bei Bleiakkus standartmäßig 6 oder 12 Volt, selten 2,4,8 volt
Kapazität:
Angabe in Ah (Ampere-Stunden)
Diese Zahl gibt wieder wieviel "Strom" (Korrekt: Energiemenge) ein Akku speichern kann (oder es zumindest laut Aufdruck vorgibt zu können)
Bei den meisten Herstellern findet man im Bereich der Verbrauchsakkus standartmäßig, sofern überhaupt, eine Angabe C20 oder auch 20HR, seltener 10HR oder gar 5HR. Keine Angabe findet man meistens bei Akkus der untersten Schublade (z.B. bei Blei-Reis-Akkus:-)
20HR(C20) bedeutet z.B., daß sich die Kapazitätsangabe auf eine 20-stündige Lade und 20-stündige Entladezeit bezieht.
Diese Angabe ist standartmäßig kaum praxisorientiert, hat sich aber wegen der gößeren angebaren Ah-Zahl eingebürgert.
Zum Teil findet man sogar praxisorientiert nahezu vollkommen sinnlose Angaben wie 100HR.
Bei schnellerer Ladung/Entladung sinkt die vom Akku aufgenommene/abgegebene Energiemenge.
So liefert ein Akku, der mit z.B. 100Ah angegeben ist, bei 10-stündiger Ladung/Entladung eher nur noch 90Ah, bei C5 eher gegen 70Ah. Bleiakkus sind nicht schnellladefähig.
Hier trennt sich unter anderem nachher auch die Spreu vom Weizen, was die Qualität, effektive Nutzbarkeit und letztendliche Kosten angeht.
Zyklenfestigkeit:
Hierunter versteht man die Angabe, wie oft ein Akku nachgeladen werden kann.
Einige Hersteller von Akkus machen Angaben zur Zyklenfestigkeit, die zum gr0ßen Teil aber eher nur mit Vorsicht zu genießen sind und eher der zu Druckfarbe gebrachten Möchtegernphantasie des Herstellers/Importeurs entsprungen sind.
Man muß beim Lesen dieser Zahlen pauschal im Hinterstübchen behalten, daß sich die Angaben immer bestenfalls auf die meistens praxisferne HR-Zahl beziehen. Will heißen je schneller Ladung/Entladung erfolgen, um so schlechter werden die Angaben und um so schneller altert ein Akku! Zur Ladetechnik später mehr.
Seltenst werden seitens der Hersteller/Importeure weitere in diesem Zusammenhang wichtige Angaben hinzugefügt. So ist natürlich mindestens so interessant, welche Restkapazität der Akku nach den angegebenen x Ladezyklen zu erwarten hat. Hat er dann z.B immer noch eine Restkapazität von 70% oder ist sie 0?
Auch ist wichtig auf welche Entladetiefe sich die angegebene Zyklenanzahl bezieht. Es weden schon mal vage Angaben z.B. für 30 - 80% Entladetiefe gemacht.
Grunsätzlich unterscheidet man 3 Arten von Bleiakkus:
Säureakkus:
Hier unterscheidet man wiederrum im Groben Starterakkus und sog. Traktionsakkus.
Starterakkus kennt ein jeder aus Autos. Primär konstruiert für hohe, kurzzeitige Stromabgaben.
Traktionsakkus für den preiswerten Einsatz als Stromlieferant z.B. in Gabelstablern, Hubwagen,...
Vorteile: Geringe Anschaffungskosten, nachfüllbar (Dazu später mehr), Mit einfachen kostengünstigen Ladegeräten ladbar (WU-Lader)
Nachteile: Geringe Zyklenfestigkeit (bis etwa max. 300Zyklen), nicht wartungsfrei, Gasung beim Laden, nicht auslaufsicher - nur stehend verwendbar, Befüllt Gefahrgut!
Beide Typen gibt es heute standartmäßig auch in verschlossenen wartungsfreien Versionen.
Gelakku:
Später kamen die Gelakkus auf den Markt. Als bekanntester Vertreter in Deutschland wären hier wohl die Firma Sonnenschein, in Österreich die Firma Banner zu nennen. Zudem gibt es in diesem Bereich noch einige weitere Hersteller, die Gelakkus in Ihrem Programm haben.
Beim Gelakku ist der Elektrolyt durch Kieselsäure eingedickt.
Gelakkus haben Ihre Vorteile klar im zyklischen Betrieb. So sind sie die erste Wahl bei Rollstühlen, häufig eingesetzten elektrischen Fahrzeugen... Sie sind im Gegensatz zu AGM-Akkus deutlich mehr tiefentladefähig und weisen gegenüber diesen eine (deutlich) höhere Zyklenfestigkeit auf. Zudem sind sie bei höheren Temperaturen kapazitätsstabiler.
Nachteilig ist, daß sie keine ausgeprägten Hochstromeigenschaften haben und somit für Starterzwecke weniger geeignet sind. Zyklenfestigkeit im Bereich um 650-800 Zyklen. Sollten nur mit geeigneten IUoU-Ladegeräten geladen werden.
AGM-Akku
Danach kamen AGM-Akkus auf den Markt. (AGM=Absorbing Glass Matt) Bei diesen ist der Elektrolyt in einem Glasfaservlies gebunden.
Sie zeichen sich primär durch ein gutes Preis/Kapazitätsverhältnis aus da sie kostengünstiger herzustellen sind. Ein AGM-Akku mit xAh ist standartmäßig günsteiger zu erwerben als ein Gelakku.
Zudem sind bei gleicher Baugröße etwas höhere Kapazitäten als bei Gelakkus möglich (Höhere Energiedichte).
AGM-Akkus haben ein deutlich besseres Hochstromverhalten als Gelakkus und sind somit für Starterzwecke nahezu prädistiniert. Auch im Frostbereich haben sie die Nase vorn.
Bei den AGM-Akkus unterscheidet man zwischen
[u]Standarttypen:[/u] Gut und preiswert geeignet für gelegentlichen, sporadischen Einsatz in Kinderfahrzeugen, Handlampen,... Standart-lifetime (Stand-By) von bis zu 5 Jahren, Zyklenfestigkeit bis zu 500 Ladungen.
[u]Longlifetypen:[/u] Standby-Akkus für USV, Notstromversorgungen, Telekom, ..., Standartlifetime von bis zu 15 Jahren, Zyklenfestigkeit von bis zu 500 Ladungen.
[u]Zyklentypen:[/u] Etwas höhere Zyklenfestigkeit als Standarttypen, Angaben von bis zu 750 Ladungen/50% Entladung somit eher geeignet für den wiederkehrenden Einsatz.
[u]Hochstromtypen:[/u] Spezielle Bauart für z.B. Notstromversorgungen, Starterzwecke, Treppenlifte, erlauben Entladungen im Minutenbereich, Hochstromentnahmen, bei denen eine Standartbatterie zum Teil nach einmaligem Gebrauch schon defekt ist und sich vor Freude aufbläht:) Keine Angaben zu Zyklenfestigkeit.
[u]AGM-Starterakkus:[/u] Schwerpunktmäßig konstruiert für Startanwendungen. Bedingt geeignet als Versorgungsakku, da standartmäßig geringe Zyklenfestigkeit, zumeist bis max. 300 Zyklen. Diese Akkus werden zunehmend auch als Versorgungsakkus angeboten. Einen Kombiakku Starter/Verbrach in vernünftiger Qualität liegt eher im oberen Preisbereich, z.B. von Optima.
Nachteile: AGM-Akkus neigen dazu bei Entladungen die Säure zu "schichten". Die Säure teilt sich innerhalb des Akkus. Der schwerere Teil treibt nach unten, der leichtere Teil steigt nach oben. Dieser Effekt steigt, je weiter der Akku entladen wird.
Der untere Teil kann dadurch nicht mehr richtig durchgeladen werden. Darum muß man beim AGM-Akku deutlich stärker darauf achten, daß der Akku nach Möglichkeit umgehend wieder nachgeladen wird. Sie verlieren ansonsten dadurch schneller an Kapazität. Die Bleiplatten können beim AGM-Akku konstruktionsbedingt eng aneinander gebaut werden, was hohe Stromentnahmen ermöglicht. Dies hat aber auch den Nachteil, daß sich bildende Ablagerungen (natürlicher Prozess bei allen Bleiakkus) auf den Bleiplatten durch den Vlies hindurch schneller Zellenschlüsse verursacht. Diese treten bei AGM-Akkus deutlich häufiger auf, als z.B. bei Gelakkus.
Sollten nur mit geeigneten IUoU-Ladegeräten geladen werden.
Es gibt noch einige weitere Bleiakkutypen, die aber im Groben zu den AGM- oder Geltypen zugeordnet werden können.
Ladetechnik:
Für Gel- und AGM-Akkus gilt: Die Ladetechnik ist wichtig für die Lebenserwartung. Diese Akkutypen haben oben im Gehäuse Sicherheitsventile, die bei falscher Ladung "Druck" und damit Elektrolyt ablassen und den Akku damit austrocknen. Der Nachteil ist, daß bei diesen Typen nicht nachgefüllt werden kann.
Ein Problem ist, daß Lichtmaschinen eine Ladefunktion für Nassakkus haben. Gel- und AGM-Akkus sollten für eine möglichst hohe Gebrauchszeit aber mit IUoU-Kennlinie geladen werden. Dies läßt sich meist nur durch eine strickte Trennung von Start- und Versorgungsakku erreichen. (Z.B. Ladung über IUoU Ladegerät, welches über einen Wandler von der Lichtmaschine versorgt wird oder einen Ladewandler 12V>12V . Ich empfehle als max. Ladestrom 1/10 der Kapazität (100Ah > 10A-Lader) (Daumenwert).
Achtung: Ladegeräte haben zumeist einen "Rückstrom" wenn sie nicht eingeschaltet sind und können so über einen längeren Zeitraum einen Akku "leerziehen". Bei Nichtnutzung sollte das Ladgerät von dem Akku getrennt werden können.
Auch bei den Ladegeräten gibt es Unterschiede. Zum Teil werden Ladgeräte mit einer großen Restwelligkeit angeboten. Diese verringern auch die Lebenserwartung von Akkus. Biiliglader vom netten Herrn mit dem Wok sind für verführerisch kleines Geld zu bekommen. Vernünftige Lader, z.B. für den Industrieeinsatz, von meanwell, Nordic...kosten etwas mehr weisen aber eine zuverlässige akkuschonenden Technik auf. Auch hier gilt das Porscheprinzip.
Qualität:
Wie z.B. auch bei den Akkus für den Consumerbereich gibt es deutliche Unterschiede was die Qualität eines Akkus angeht. Hier "sparen" gerade die Billighersteller am teueren Blei. Auch die Qualität des eingesetzten Bleies ist wichtig.(Um jetzt gerade mal auf den in diesem Forum angesprochenen Akku zu kommen. Sein Gewicht ist mit 28kg bei 115Ah angegeben!!!, keinerlei HR-Angabe! keinerlei Angabe zur Zyklenfestigkeit! Wer sowas kauft ohne vorher nachzufragen...
Zudem muß dem Blei bei der Herstellung ein Stoff zugesetzt werden, damit es eine gewisse Härte bekommt. Bei den renomierten Markenherstellern wird hierzu das teure Antimon eingesetzt. Bei Billigprodukten, werden Ersatzstoffe genommen, die deutlich preiswerter sind, aber dafür der Säure Flüssigkeit entzeihen und binden und so eine Verkürzung der effektiven Lebenserwartung sorgen.
Beachtenswert ist z.B. auch, daß beim Vergleich z.B eines Gelakkus der Oberklasse von Sonnenschein, der mit 70Ah angegeben ist, mit anderen Produkten bei gleicher Geäusegröße denen 100Ah aufgedruckt wird. Diese Typen stammen alle, auch wenn sie mit den tollsten Namen und Etiketten geschmückt und mit Hochglanz Datenblättern versehen werden, oftmals aus Fernost-Billigproduktionen.
Beachte: Papier ist geduldig, Internetangebote sind noch geduldiger. Es tauchen immer mehr Bleiakkus mit den verschiedensten Labeln auf. Die Angaben zu Kapazitäten, Lifetime und Zyklenfestigkeiten werden ständig abenteuerlicher. Speziell, je niederpreisiger die Produkte sind! Im Bereich Akkus für Handys, Notebooks,... ist dies schon länger Gang und Gebe. Dort tauchen mittlerweile Kapazitätsangaben auf, die physikalisch nicht mehr realisierbar wären. Es erfolgt eine oftmals eine sog. Labelung mit vom Importeur in Fernost bestellten Aufdruckangaben.
Auch bei ebay und Co. gilt: es gibt keinen Porsche zum Preis eines Ladas!
Meine Empfehlung:
Für den zyklischen Einsatz als Versorgungsbatterie ist und bleibt der Gelakku erste Wahl. Auch wenn er in der Anschaffung etwas mehr kostet als ein AGM-Akku, sind Gelakkus letztendlich bei der Betrachtung der Kosten pro Ladezyklus klar im Vorteil.
Wer hier auf den allerletzten Euro schielt, den hat der nackte Geiz gepackt. Möge er ihn nicht umbringen.
Zu "Garantie". Versorgungsakkus gelten als Verbrauchsmaterial. Bei allen mir bekannten Herstellern von Versorgungsakkus (zB Sonnenschein,Banner,Exide,Panasonic,FIAMM, YUASA, Effekta(Vision)...gelten die gesetzlichen Gewährleistungsbestimmungen! Will heißen, nach dem 6.Monat müßte der Käufer beweisen, daß die Ware bereits bei Übergabe mangelhaft war. Wenn ein Verkäufer eine Garantie anbietet, muß er die Garantiebedingungen mitangeben. Dies sollte man sich dann auf jeden Fall schriftlich geben lassen. Bei Starterakkus wird häufig mit einer Garantie geworben.
Ich wünsche allen weiterhin eine gute Fahrt
Viele Grüße
Bei Anregungen/Erweiterungen/Fragen gerne auch Nachricht an mich.
Die rechtlichen Finder von Rechtschreib- und Tippfehlern dürfen diese behalten:)
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