Hallo!
dann muss ich wohl doch ein bisschen die Physik bemühen:
URi hat geschrieben:Auf der Antriebsachse brauche ich das bessere Profil, um gelegentlich von der nassen Wiese zu runter zu kommen.
So lange Du normale Sommerreifen fährst, also weder Winter- noch spezielle Geländereifen, nützt Dir das bessere Profil auf der nassen Wiese rein gar nichts. Denn Sommerreifenprofil ist darauf ausgelegt, um bei schneller Fahrt auf fester Fahrbahn Wasser unter dem Reifen so schnell wie möglich abzuleiten, um Aquaplaning vorzubeugen. Bei Winterreifen, insbesonderen solchen älterer Bauart, und speziellen Geländereifen ist das etwas anderes, solche Reifen haben spezielle Lamellen im Profil, die sich im weichen Untergrund in gewissem Maße "festbeißen" können. Bleibst Du hingegen mit Sommerreifen auf nasser Wiese stecken, und "Rausschaukeln" hilft auch nicht mehr, dann brauchst Du entweder "Vorspann", oder aber Schneeketten.
Und was die Bodenhaftung der Antriebsräder auf trockener Fahrbahn betrifft: Diese wird, neben reifenunabhängigen Parametern wie Achslast etc., ausschließlich durch die Haftreibung bestimmt, und diese wiederum durch die verwendeten Materialien (Gummimischung, Fahrbahnbelag) und die Auflagefläche. Nun führt jedes Profil zu einer
Verkleinerung der Auflagefläche, weshalb ja auch im Rennsport bei trockenem Wetter sogenannte "Slicks", also
völlig profillose Reifen, eingesetzt werden. Ganz anders bei Regen: Hier würde sich zwischen einem Slick und der Fahrbahn schon bei niedrigen Geschwindigkeiten ein Wasserfilm bilden, der Reifen schwimmt auf, es kommt zum Aquaplaning und das Fahrzeug gleitet praktisch reibungsfrei über die nasse Fahrbahn. Reibungsfrei heißt in diesem Zusammenhang aber: Völlig außer Kontrolle! Weshalb Slicks im normalen Straßenverkehr auch nicht zugelassen sind.
Gehen wir nun bei nasser Fahrbahn vom Slick zum Profilreifen (gleicher Breite) über, so fällt auf, dass sich zunächst mal die Auflagefläche wieder verkleinert. Dies führt aber, da die Reifenlast ja gleich bleibt, zu einem höheren Druck der verbliebenen Auflagefläche auf die Fahrbahn (Druck=Kraft/Fläche). Dieser höhere Druck, und der im Verhältnis zum Slick viel kürzere Weg, den zwischen Auflagefläche und Fahrbahn "eingequetschtes" Wasser zurücklegen muss (Beim Slick bis zur Reifenkante, beim Profilreifen nur bis zur nächsten Profilrille), führen dazu, dass sich erst bei viel höheren Geschwindigkeiten ein durchgehender Wasserfilm unter dem Reifen bilden kann. (Deshalb haben ja auch "Breitreifen" schlechtere Aquaplaningeigenschaften als normal breite Reifen.)
Nun haben auch die besten Profilrillen nur eine begrenzte Aufnahmefähigkeit für Wasser. Und je flacher sie sind, sprich je abgefahrener der Reifen ist, desto geringer wird diese Aufnahmefähigkeit. Mit steigender Geschwindigkeit besteht aber bei jedem Reifen die Gefahr, auf nasser Fahrbahn die Bodenhaftung zu verlieren. Klar ist, dass der Verlust der Bodenhaftung an allen Rädern gleichzeitig in jedem Fall zu vollständigem Kontrollverlust führt. Was aber passiert, wenn nur die Reifen
einer Achse die Bodenhaftung verlieren?
Verlieren nur die Vorderräder Bodenhaftung, so kann man zunächst mal nicht mehr lenken. Bei Vorderradantrieb drehen überdies die Räder durch, bzw. blockieren falls man gerade bremst. Aufgrund der Massenträgheit bewegt sich das Fahrzeug also geradeaus weiter. Kleine Auslenkungen, z.B. durch Windstöße oder Fahrbahnunebenheiten, werden durch die HInterräder ausgeglichen. Die Hinterräder halten das Fahrzeug also weiterhin in der Spur, und der Fahrer hat (meistens jedenfalls) Gelegenheit, geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen (Bremse lösen, Gas wegnehmen, auskuppeln), um das Fahrzeug wieder unter Kontrolle zu bringen.
Verlieren hingegen nur die Hinterräder Bodenhaftung, so schaukelt sich jede kleinste Auslenkung aus der Geradeausrichtung auf und das Fahrzeug fängt an, sich um die Hochachse zu drehen. Nur ein geübter Stuntfahrer hat jetzt noch eine kleine Chance, die Fuhre wieder unter Kontrolle zu kriegen.
Fazit: Bleibt man auf der nassen Wiese stecken, so ist dies schlimmstenfalls unangenehm und kostet vielleicht etwas Geld. Verlieren jedoch die Hinterräder während der Fahrt die Bodenhaftung, so geht es um Leben und Tod!
Deshalb sollten die besseren Reifen immer auf die Hinterachse montiert werden. Egal, welche Achse nun angetrieben wird.
MfG
Gerhard